Fortsetzung: On Tour +1
Bei der Firma TNT in Varna stand ich nun mal wieder ohne Auftrag und war gerade auf dem Weg ins Büro, um dort eventuell meinen neuen Auftrag zu bekommen, als das Handy in der Hosentasche klingelte und mein Kollege Martin am anderen Ende der Leitung war. Martin ist seit kurzem ein festangestellter Fahrer bei Stock und hatte auch das Ziel Varna. Er kündigte sich an und kaum 10min Später bog er mit seinem 1844 MP2 auf den Hof. Doch er war nicht alleine: Auf dem Beifahrersitz saß ein jüngerer Bursche, ungefähr 15 oder 16, der ziemlich gelangweilt zum Fenster rausschaute. Martin setzte den LKW rückwärts an die Rampe und die beiden stiegen aus. Seinen Beifahrerstellte er mit dann doch gleich vor: Das ist Florian, er kommt aus der Region bei Hannover wie ich und macht gerade ein Praktikum als Berufskraftfahrer bei uns. Er fuhr mit mir jetzt von HAnnover über Italien jetzt hierher. Martin versuchte zu grinsen, aber es gelang ihm nicht, denn Florian spielte schon wieder mit dem Handy herum anstatt zuzuschauen, was das mit dem Abladen auf sich hat. Als er kurz auf dem Klo war, flüstere Martin mir nur zu: Der Junge ist die Pest: Raucht wie in Ofenrohr, hat kaum Marnieren und als Praktikant ziemlich uninteressiert. Nimm du ihn mit, vl. hast du mehr Glück..
Bevor ich Nein sagen konnte, verkündete Martin schon, dass Florian mit mir mitfährt. Na Super, war mein Gedanke, als ich im Büro meine Frachtpapiere abholte. Es ging um eine Ladung Elektrogeräte, die nach Cambridge nach England befördert werden sollte. Kaum am LKW, wuchtete Flo die Tasche vors Armaturenbrett und es ging los.
Dass ich wieder Richtung Norden fahren musste und die Route nehmen konnte, die ich gekommen war, freute mich eigentlich, um Katrin zu besuchen, doch wenn Florian wirklich so schlimm ist, werde ich den Besuch daheim wohl aufschieben, plante ich. Die Straße an diesem morgen war ziemlich leer und ich suchte das Gespräch mit Flo, der den Klimasessel nach hinten geschoben hat und sich auf dem Beifahrersitz eine Relaxsituation vorstellte. Da er Praktikant war, reichte ich ihm die Frachtpapiere und bat ihn, diese durchzuschauen, ob es vl. schon was, um was es darin ging. Doch er hatte keinen Bock, was man merkte, indem er die Papiere wieder zurückschleuderte. Währendessen plante ich die weitere Route. Die Straßen waren gut befahrbar und gelegentlich überholten ein paar Autos und LKWs. Das Radio war aus. Doch plötzlich schallte Hardrockmusik von Flos Handy, was mir nicht passte. Zwar war ich nur gut 10 Jahre älter wie er und eigentlich das jüngste, was LKW fährt, aber diese Musik mag ich nicht. Nur wiederwillig nahm er die Kopfhörer und rollte sich auf dem Sitz ein. Ich dachte mir auch nur, was für ein Idiot.
Der LKW forderte währendessen Diesel, den er in Ruse bekam. Eine kleine Tankstelle kam da gerade Recht. Schnell getankt..
Nach der kurzen Rastpause ging es weiter. Wir nahmen Craiova in Angriff gaben ordentlich Sporen, als Flo sich eine Kippe anstecken wollte. Sofort griff ich danach und schnippte sie aus dem Fenster. Sofort pfurrte er mich an, was dies sollte ich und wie blöd ich sei. Anscheinend verstand er meinen angebrachten Aufkleber Rauchverbot nicht. Ich dachte immer, die Praktikanten bemühen sich, um vielleicht einen Ausbildungsplatz zu bekommen, doch Flo ist wohl das komplette Gegenteil. Er hörte nicht drauf, was die Fahrer im Sagen und Zeigt kein Interesse. Mittlerweile zeigte sich nach der Nachtfahrt auch die ersten Sonnenstrahlen und Flo schllief auf dem Bett. In Gedanken fragte ich mich, wie ich es nach England wohl schaffe, ohne ihn auszusetzten.
Nach einer 2-Stündigen Rastpause, in der auch ich schlief (auf dem Fahrersitz, weil der Beifahrer auf meinem Bett lag) machten wir uns wieder fort. Wir nahmen Budapest in Angriff. Flo war jetzt aber wohl besser gelaunt und fragte, was wir überhaupt und wohin fahren. Ich erklärte es ihm kurz, doch als er meinen Laptop entdeckte, hatte er ihn schon in der Hand und verlangte nach dem PW. Da ich ihm es aber nicht sagen wollte, war die gute Stimmung schnell wieder im Eimer, sodass ich das Radio anschaltete. Kaum angeschalten, klingelte über die Freisprechanlage der Empfänger der Fracht, ein Mitarbeiter von TNT Cambridge an und erkundigte sich über den Status unserer Lieferung. Er konnte auch verkünden, dass wir mit dem Eurotunnel nach England einreisen werden. Freut mich, nicht auf die Fähre zu müssen.
Mit den Minuten näherte sich auch die Lenk- und Ruhezeit dem Ende, sodass wir von der Autobahn fuhren und am Straßenrand anhielten, um zu übernachten. Auch Florian konnte draußen eine Rauchen. Dass er von mir aus aber eine Warnweste anziehen musste, passte ihm nicht. Ich will nicht wissen, was seine Eltern mir erzählen würden, wenn er überfahren wäre.. Am Abend lagen wir in den Betten, als es ans Aufstehen ging. Ich schlief schon länger, doch Flo schien noch länger wach gewesen zu sein. Auf der Mittelablage lag eine ausgefressene Packung Milka-Herzen, die ich zum Vatertag von meiner Freundin bekommen hatte, und er hatte sie einfach gegessen. Nebenan auf der Gummiablage waren 2 ausgedrückte Kippen. Sofort war ich wach und schon auf 180, sodass ich mir erstmal den Kopf angehauen habe am oberen Bett. Scheiß Start in eine neue Lenkzeitperiode.
Nach dem Vorfall war die Stimmung endgültig am kippen. Er hatte zwar den LKW wieder saubergemacht, aber ich war Stinksauer auf ihn. Schon flog mit der Zeit das Schild "Stuttgart" an mit vorbei und ich wollte am liebsten auch dorthin fahren, doch ich denke, auch sie wird Flo nicht mögen. Nach gut einer 3/4 Stunde später forderte er eine Raucherpause, die er auch bekommen hat. Kaum war er am Parkplatz neben der Bundesstraße ausgestiegen und stand hinterm LKW, griff ich nach dem Telefon und rief den verschlafenen Stocki an und schilderte ihm den Vorfall. Der wollte aber schlafen und meinte nur, das würde ich schon packen. Kaum gesagt, stieg auch Flo wieder ein und schnallte sich an. Wir nahmen daraufhin auch schon Frankfurt in Angriff, wo unsere Firmenzentrale ist. Da die Autobahn wegen einer Totalsperrung dicht ist. mussten wir weiterhin die Landstraße nehmen.
Die Nacht zog sich so wie der Verkehr dahin: Lang. Es folgten Auto an Auto, LKW an LKW und es ging mit 60 voran. Der Actros regelte den Abstand nach vorne und der Verkehrsfunk meldete auch noch keine Besserung oder Freigabe der Autobahn. So lehte ich mich entspannt zurück, ließ mir den Po von der Sitzheizung des Klimasitzes erwärmen und folte einer C-Klasse über die Straße. GEdanklich bereitete ich mich aber schon auf die Eurotunnel-Fahrt vor und prüfte nebenbei auch die Vollständigkeit der Papiere. Und die Tatsache, Flo bald wieder los zu sein, freute mich irgendwie noch mehr.
Schon bald wechselte ich wieder auf die Autobahn und nahm dann Paris in Angriff, was ich dank der freieren Autobahn als in Deutschland zügig erreichte und dann den Weg Richtung Calais in Angriff nahm. Calais kannte ich ja nun schon. Schon vor ein paar Jahren setzte ich mit meinem damaligen Dienstwagen, einem Actros 1858 MP2 LS, von Calais nach Dover über. Jetzt war es fast schon Gewohnheit für mich, doch ich durfte zum ersten mal den Eurotunnel nehmen. Aufgeregt war ich schon irgendwie, als ich ihn endlich sah. Auch Florian schien zum ersten Mal nach England zu fahren, mittlerweile hatte auch er ein kleines Lächeln aufgesetzt, doch die Stimmung war noch immer schlecht. Doch die Premierenfahrt war für beide besonders und so kamen wir auch ins Gespräch. Er erzählte, dass sein Vater LKW Fahrer bei Schenker ist und er früher immer mitgefahren sei, doch irgendwann brach der Kontakt ab und mit dem Praktikum wollte er das Truckerfeeling nochmal auferleben lassen. Doch es schien anders zu sein, als er es in Erinnerung hat..
Nach der Tunneldurchfahrt und angekommen auf der grünen Insel, war der Weg klar. Richtung London fahren, wieder mal auf der falschen Straßenseite. DIeses Gespräch schien das Eis wohl gebrochen und brachte es sogar fertig, mit dem Staubmopp die Armaturen abzustauben. Gedanklich gab es nur eins: Wenn das Martin hört, der wird sich umschaun... Es ging auch Recht Flott gen Norden und wir näherten uns langsam London, doch wir mussten ja nach Cambridge. So schlugen wir den Weg nach Cambridge ein. Florian brachte es sogar fertig, ein Wurstbrot für mich zu machen.
Mit den km Richtung Cambridge kam jedoch auch das Hungergefühl zurück und da wir zu Zweit waren, gingen auch meine Vorräte langsam zu Neige. Eine Packung Vollkornbrot und eine Packung Salami, 2 Joghurt und 2 Bananen waren das einzigste, was der Kühlschrank unterm Bett noch hergab. Ein Rasthof, an dem wir vorbeifuhren, verbesserte die Situation auch nicht. Gedanklich saß ich auch drüben, ein kühles Erdinger Weizen in der Hand und dazu ein lecker Braten, doch auf der Strecke, die wir fuhren, gab es bis Cambridge keine Anhaltemöglichkeit und auch nichts, wo wir hätten Essen können.
Gott sei Dank war Cambridge schneller erreicht, als das Navi es errechnet hatte. Die Autobahn runter und schon ging es in die City rein, wo TNT diese Zentrale hat. Zwischen den zahlreichen PKWs kämpften wir uns durch und fanden auch die TNT Niederlassung flott und fuhren aufs Grundstück. Den LKW rangierten wir rückwärts an die Laderampe ran, zogen die Warnwesten an und luden mit einer Ameise die Paletten ab. Auch Flo half fleißig mit, was den Eindruck bei mir ein wenig verbesserte. Kaum war die Fracht abgeladen, der Frachtbrief unterschrieben, rollte schon auch Marco im Actros 1860 auf den Hof und rangierte neben meinen Actros. Kaum stand er, war auch Flo vom 1860 begeistert und stand davor. Marco stieg derweil aus und fragte mit Grinsen, wer mein Beifahrer ist. Trocken antwortete ich nur: Mein Beifahrer - Ab jetzt deiner! Deinen LKW mag er ja... ICh schilderte noch schnell die Situation des jungen, half Flo beim Packen der Tasche und stellte sie in Marcos Actros. Ich gab einen Schulterklopfer und schon rollten die beiden mit frischer Ladung wieder weg. So, jetzt brauch ich erstmal ne Flasche Cola
Ich hoff, die Geschichte gefällt, freue mich über jeden Kommentar.