So es ging weiter.
Nach meinem Ziel Venezia trieb mich eine Ladung Stückgut nach Bulgarien, besser gesagt nach Burgas. Die Tour dahin war durch teilweise schlechte und kurvenreiche Straßen für meinen Europa-Sattelzug nicht ganz leicht. Streckenweise wurde ich sogar von wildgewordenen Kamazfahrern und anderen Renntrucks überholt, sodass, jedesmal der Abstand nicht mehr eingehalten wurde und der Actros von mir selbstständig abbremste. Das kostet Fleetboard, dachte ich nur. In Burgas ging ich erstmal auf einen spätabendlichen Markt und deckte mich für die Rückfahrt (hoffentlich wieder Richtung Deutschland) mit etwas frischem Gemüse und bulgarischem Fleisch ein. So lange war ich schon lange nicht mehr weg. Alles um mich herum war fremd. Große Häuserblocks leuchteten in mitten der Nacht, als ich meinen Actros 1851 zum Leben erweckte. Der Trailer solle bei der Firma Trameri stehen, das Ziel werde ich dann schon sehen, hieß es von der Dispo. Also rein in den LKW und duch die Nacht zu der verfallenen alten Halle am Rande von Burgas gefahren, ins Büro gestampft und mit Hand und Fuß versucht, das Nachtpersonal des Lagers zu überzeugen, dass ich den Trailer übernehmen soll. Das klappte auch, doch als ich den Frachtbrief sah, vielen mir die Augen beinahe aus den Augenhöhlen. Es standen insgesamt 2 Kunden auf der Liste, der erste bekommt Teil eins der Ladung, Gitterboxen mit Futtermittel als Inhalt für einen Kunden bei Alexandria und der Rest der Ladung sollte nach Messina in Italien gehen, Plastikrohre im Standarddurchmesser. Das Navi gibt bei Nachfrage nach der Route gleich mal Contra und so musste ich Die Straßenkarten rauskramen und mit Google Maps mal die Strecke Grob berechnen. Viele km, das war klar.
So rollte ich mit dem LKW durch die Nacht und nahm die Route durch die Türkei. Ein flottes Heimkommen war nicht zu erwarten. In dem Moment klingelte das Telefon und meine Freundin war am anderen Ende. Sie fragte, wo ich gerade sei und wann ich wieder heimkomme. Doch als sie hörte, dass die Tour wohl knapp 3tkm geht, wusste sie, dass das heimkommen von mir so schnell unwahrscheinlich sei. Ich hörte die Enttäuschung in ihrer Stimme, jedenfalls wünschte sie mir sichere Fahrt und erzählte, dass es in Deutschland gerade 13 Grad hat, die 23 Grad hätte sie auch lieber. Ach ja, wäre sie doch nur mitgefahren, dachte ich, als ich gerade die Ortsgrenze nach Istanbul passierte. Viele kleine Motorräder und kleine Peugeot sausten rund um meinen LKW, der ja nagelneu war, und ich machte mir ernsthaft sorgen, ob alles wirklich reibungslos läuft, vorallem weil ich auf solchen Touren mit den Knapp 25 Lenzen meines Lebens ja noch völlig unerfahren war. Die Sonne brannte heiß zum Seitenfenster rein, sodass nach gut 2 Stunden fahrt mein linker Arm schon rot war (Sonnenbrand) und eine Flasche Sonnenmilch in einer Drogeriekette gekauft werden musste.
Die nächten km waren auch leicht beschwerlich, da wohl anscheinend die Gesetze in der Türkei andere sind wie in Deutschland. So zogen nach der Grenze etliche MAN TGS und vorallem Mercedes Axor mit gut 100km/h an mir vorbei, ob da alles mit den LuR klappt, weiß ich nun wirklich nicht. Jedenfalls wurde ich mit meinen 85 Sachen oftmals überholt und sogar angehupt. Aber das nahende Meer war echt schön. Die Autobahn neben dem Meer war abends schön leer und endlich herrschten einigermaßen humane Temperaturen zum aussteigen. Also hielt ich an einer kleinen Tankstelle, wo ich mich verpfegen konnte und einen schweizer LKW Fahrer traf. Echt schön, mal wieder Deutsch zu hören. DIe Nacht war nicht wirklich toll. Das laute Mövengeschrei rund um die Kabine hinterten am guten Schlaf. Dementsprechend wachte ich am Morgen gerädert mit einem knallroten Arm auf.
Den Tag über (Wochenende) ich in einer Türkischen Stadt in der Nähe zur Libanesischen Grenze. Dort konnte ich günstig die Spezialtitäten der Türkei kosten und die Gastfreundschaft erfahren. Der Tag über war heiß, selbst im T-Shirt war man Ruck-Zuck Durchgeschwitzt, sodass erstmals die Standklima zum Einsatz kam und ich in Ruhe die weitere Tour planen konnte. Am Abend ging es jedenfalls weiter mit der Fahrt. Zuvor hatte ich mich noch mit ein wenig Türkischem Joghurt eingedeckt und genoss die Zeit in der Wärme. Was mir an der Türkei gefiel war die Gastfreundschaft der Fahrer. 3 Fahrer luden mich spontan zum Kartenspielen ein und bekam, weil ich ich verloren hatte (was solls, die 2€ machen nicht viel aus) noch einen Teller leckerer, selbstgemachter Suppe vom Gaskocher. Irgendwiie fühlte ich mich ein wenig wie Franz Meersdonk.
Die ersten Studen der neuen Woche verbrachte ich dann auf den gut ausgebauten Autobahnen am Meer entlang und fraß fleißig die km. Im Radio dudelte Türkische Musik und im CB Funk hörte man die Kollegen der verschiedensten Nationen. Ich cruiste jedenfalls mit den 510 PS bei 85km/h über die Autobahn und ließ mich vom Mercedes-Massagesitz den Rücken massieren. Nebenbei noch ein wenig im Facebook rumsuchen. Aber zum 2. Mal musste ich bei dem Trip nun schon Tanken. Ich war ehrlich erstaunt, dass einige Tankstellen meine Tankkarte akezptierten und an einigen Tanken sogar AdBlue vorrätig war.
Mit der Fähre setzte ich dann wieder auf Griechenland über und kam in Kalamata im Süden von Griechenland raus. Doch bis es so weit war, hatte ich wirklich Stress. Kaum fuhr ich in den Hafen, kamen 2 Zollbeamte und wollten den Frachtschein. Den gab ich. Doch was kommen musste, kam auch: Einer der beiden Beamten bemerkten, dass ich kein T.I.R. Schild am LKW hatte. Mein Auflieger war zwar verplombt, aber ab da an gab es Richtig Stress mit den Beamten, die alles komplizierter machten, als es eigentlich bestimmt hätte sein müssen. Erst nach X-Facher Kontrolle des LKWs durfte ich die Fähre befahren und bei ruhiger See auf das Festland der EU zurückkehren.
Die Tour durch Griechenland malte ich mir einfach aus. Rauffahren-Fertig. Denkste. Zuerst dachte ich, dass mich mein mittlerweile wieder funktionierendes Navi verarscht, doch es kam wirklich so: Es stand ein massiver Gebirgszug vor mir und dem Actros und die einzigste Route da drüber ist eine Steile Passtraße. Mein Motto war: "Wird schon gutgehen".. So fuhr ich also mal los und bemerkte schnell, dass die Straße es in sich hat. Steile Kehren mit anderen LKWs machten die Sache noch schwerer. Der Actros hatte derweil mit einigen Schaltproblemen und Leistungsproblemen zu kämpfen. 510PS?? Da ging mein 1848 doch ein wenig besser wie der MP4. Doch er kämpfte sich doch einen Pass nach dem anderen hoch. Gut gemacht, Actros!
Und wo es hochgeht, geht es auch wieder runter. Schon nach dem Anstieg war ich ganz außer Atem, obwohl der LKW Automatik hat und ich theoretisch nur Lenken und Gasgeben musste. Doch es war echt heftig. Teilweise heftige Winde ließen den Trailer mittanzen. Doch oben angekommen, schien der beinahe gleiche Weg nach unten zu gehen. Ein Schild warnte noch vor überhitzen Bremsen, aber es kam beinahe genauso: Der LKW donnerte nur noch Bergab, der Retarder und die Motorbremse am Kämpfen gegen die Geschwindigkeit und die Powershift gurgelte fleißig mit den Gängen. Immer wieder kam auch ein anderer LKW gefährlich nahe an den LKW. Zu dem Zeitpunkt war ich Pausenreif. Es war echt heftig.
Gesagt, Getan. Am Gipfelende fand ich einen Autohof, wo ich meine Nachtruhe auch verbringen konnte. Die Pause war echt super, das kalte Wasser aus dem Wasserhahn des Autohofs tat auf dem überhitzen Kopf und den Haaren echt gut. Die Dusche danach befreite mich auch vom etwas strengen Geruch. Ein Gyros mit Reis war genau das Richtige danach. Das komfortable Bett tat echt gut. Irgendwie war ich auch leicht wütend drauf, dass so ein Auslandsanfänger diese Tour fahren musste. Doch ich war zufrieden, denn der LKW war unbeschädigt

So ließ ich den Abend auf einem Klappstuhl vor der Kabine ausklingen.
Die Restliche Zeit konzentrierte ich mich aufs Erreichen des Zieles in Italien. Die Fahrt war zwar ziemlich lang, aber dank Actros aushaltbar. Die schöne Musik von italienischer Bands sorgten für Gute Stimmung fürs Ende der langen Tour. Die hatte echt einiges Abverlagt. Ich glaubte zwar nicht an eine baldige Rückkehr nach Deutschland, doch die kalten Temperaturen in Deutschland vermisste ich jedenfalls nicht. Aber das FCB Spiel gegen Real und den Sieg im 11-m-Schießen ließ ich mir natürlich nicht entgehen und jubelte an dem Abend lautstark in der Kabine mit. Aber das Ziel erreichte ich an dem Mittwochabend doch noch, Messina war erreicht, die Tour geschafft. Nach dem Abladen war ich nur noch bereit, für einen Anruf daheim in Stuttgart. Haja, mal schaun wos wieder hingeht